Einleitung
“EU-Führerschein zu verkaufen” – mit solchen Angeboten werben zahlreiche Webseiten, Telegram-Gruppen und anonyme Onlineanbieter. Sie versprechen einen gültigen EU-Führerschein ohne Prüfung, ohne Wohnsitznachweis im Ausstellerstaat und angeblich mit voller Gültigkeit in Deutschland. Für viele klingt das verlockend: keine stressige Prüfung, kein Behördengang, keine hohe Rechnung durch deutsche Fahrschulen. Aber wie legal sind diese Angebote wirklich? Welche Voraussetzungen gelten bei EU-Führerscheinen? Und mit welchen Risiken müssen “Käufer” rechnen?
Dieser Artikel klärt über die Funktionsweise des EU-Fahrerlaubnisrechts auf, analysiert dubiose Angebote, erläutert die Rechtslage in Deutschland und gibt Empfehlungen für den rechtssicheren Erwerb einer Fahrerlaubnis.
1. Der EU-Führerschein: Grundlagen und Rechtslage
1.1 Was ist ein EU-Führerschein?
Der EU Führerschein zu verkaufen ist ein einheitliches Fahrerlaubnisdokument, das in allen EU-Mitgliedstaaten anerkannt wird. Grundlage ist die 3. EU-Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG).
1.2 Ziele der EU-Führerscheinrichtlinie:
- Harmonisierung der Fahrerlaubnisklassen
- Einheitliches Design des Führerscheindokuments
- Gegenseitige Anerkennung aller EU-Führerscheine
- Verbesserung der Verkehrssicherheit
1.3 Prinzip der gegenseitigen Anerkennung
Ein in einem EU-Staat ausgestellter Führerschein muss in jedem anderen Mitgliedstaat anerkannt werden, sofern er unter Einhaltung der dortigen Vorschriften erworben wurde.
2. “EU-Führerschein zu verkaufen” – Was wird angeboten?
2.1 Die Werbeversprechen
- “Führerschein ohne Prüfung”
- “Kein Wohnsitz im Ausstellerstaat erforderlich”
- “Gültig in Deutschland”
- “Anonymer Versand per Post”
- “Amtliche Eintragung im KBA (Kraftfahrt-Bundesamt)”
2.2 Preisstruktur
Die Preise für solche Angebote liegen zwischen 700 und 3.000 Euro. Meist wird die Zahlung in Kryptowährungen wie Bitcoin verlangt.
2.3 Herkunftsländer
Besonders häufig werden Führerscheine aus folgenden Ländern angeboten:
- Polen
- Tschechien
- Bulgarien
- Rumänien
- Litauen
Diese Länder gelten in der Szene als “beliebt”, weil dort angeblich leicht Dokumente beschafft werden können.
3. Die rechtlichen Voraussetzungen für einen gültigen EU-Führerschein
3.1 Wohnsitzprinzip (185-Tage-Regel)
Ein EU-Führerschein ist in Deutschland nur gültig, wenn der Inhaber:
- seinen ordentlichen Wohnsitz mindestens 185 Tage im Ausstellerstaat hatte,
- keine Sperrfrist für die Fahrerlaubnis in Deutschland besteht,
- und die Fahrerlaubnis nicht unter Umgehung der Vorschriften erworben wurde.
3.2 Keine Umgehung deutscher Vorschriften
Ein Führerschein, der lediglich zum Zwecke der Umgehung deutscher Auflagen (z. B. MPU, Prüfung) im EU-Ausland beantragt wurde, ist nicht gültig.
3.3 Keine Anerkennung bei Sperrfrist
Wenn in Deutschland eine Sperrfrist für den Erwerb einer Fahrerlaubnis besteht, ist ein im Ausland erworbener Führerschein während dieser Zeit ungültig.
4. Gerichtsurteile und Praxis in Deutschland
4.1 EuGH-Urteile
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt:
- Ein ordnungsgemäß ausgestellter EU-Führerschein muss grundsätzlich anerkannt werden.
- Missbrauch (z. B. nur formaler Wohnsitz) kann zur Ablehnung führen.
4.2 BVerwG und deutsche Gerichte
Deutsche Verwaltungsgerichte prüfen im Einzelfall:
- Ob ein echter Wohnsitz im Ausstellerstaat bestand
- Ob Auflagen umgangen wurden
- Ob der Führerschein echt und registriert ist
4.3 Konsequenz
Ein gekaufter EU-Führerschein, der nicht den Voraussetzungen entspricht, wird in Deutschland als nichtig gewertet. Fahrten mit diesem Dokument gelten als Fahren ohne Fahrerlaubnis.
5. Risiken beim Kauf eines EU-Führerscheins
5.1 Strafrechtliche Folgen
- Urkundenfälschung (§ 267 StGB): Herstellung oder Gebrauch einer unechten Urkunde
- Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG): Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
- Betrug (§ 263 StGB): Bei Täuschung von Versicherungen oder Arbeitgebern
5.2 Versicherungsverlust
Bei Unfällen zahlt keine Versicherung, wenn der Fahrer keine gültige Fahrerlaubnis besitzt. Das kann zu immensen Kosten führen.
5.3 Datenmissbrauch
Viele Anbieter verlangen persönliche Daten, Ausweiskopien und Fotos. Diese können für Identitätsdiebstahl und weitere Straftaten genutzt werden.
5.4 Reputationsschaden
Ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung oder Betrugs kann berufliche und gesellschaftliche Konsequenzen haben.
6. Typische Betrugsmaschen
6.1 Angebliche Eintragung beim KBA
Dubiose Anbieter behaupten, der gekaufte Führerschein sei beim Kraftfahrt-Bundesamt registriert. In Wahrheit ist das nicht möglich, da nur deutsche Behörden Einträge im KBA vornehmen.
6.2 Versand von gefälschten Dokumenten
Viele “EU-Führerscheine” sind optisch gefälscht, z. B. mit Fehlern im Hologramm oder ungültigen Seriennummern.
6.3 Kontaktabbruch nach Bezahlung
Nach Zahlung brechen viele Anbieter den Kontakt ab. Da die Bezahlung anonym erfolgt, ist eine Rückverfolgung fast unmöglich.
7. Warum greifen Menschen zu illegalen Angeboten?
7.1 Angst vor der Prüfung
Einige Personen scheitern wiederholt an der theoretischen oder praktischen Prüfung und suchen nach Auswegen.
7.2 MPU umgehen
Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) ist teuer und anspruchsvoll. Viele versuchen, sie zu umgehen.
7.3 Zeitersparnis
Die Hoffnung, ohne langwierige Ausbildung einen Führerschein zu erhalten, lockt besonders Berufstätige oder Personen in Notlagen.